45 Prozent aller Berufstätigen haben 2020 im Homeoffice gearbeitet.1 Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 gehört das Zuhause-Arbeiten zum Alltag vieler Beschäftigter in Deutschland – das gilt für die Wirtschaft in gleichem Maße wie für den Öffentlichen Dienst. Und das, obwohl die massenhafte Arbeit auf Distanz vorher kaum möglich erschien. In Teil 6 der Artikelreihe zum Arbeitsplatz steht das Thema Homeoffice im Mittelpunkt.
Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) konstatiert: „Was bleibt? Die Erfahrung, dass Arbeit und Kooperation auf Distanz auch in sehr großem Umfang gut und leistungsfähig funktionieren kann – trotz mehr als 100 Jahren andersartiger Sozialisation in einer Arbeitswelt, in der man ‚zur Arbeit‘ gefahren ist. In einem landesübergreifenden Experimentierraum, der ungeahnte Kräfte mobilisiert hat.“2 Das Time-Magazin hat kürzlich Covid-19 sogar als das „größte Homeoffice-Experiment der Welt“ bezeichnet – ein Anzeichen dafür, dass ortsungebundenes Arbeiten kein vorübergehender Trend, sondern in vielen Branchen das Arbeitsmodell der Zukunft sein könnte.3 Auch 60 Prozent der Arbeitnehmenden denken, dass Homeoffice eine höhere Akzeptanz hat als vor der Pandemie.4
Auf jeden Fall hat das Abstandsgebot und die damit verbundene Homeoffice-Nutzung einen starken Digitalisierungsschub in Unternehmen und Verwaltungen ausgelöst. Beispielsweise wurden Laptops, Smartphones und Webcams angeschafft.
Kein Wunder, dass der Preisanstieg beispielsweise bei Webcams 2020 bei circa 400 Prozent lag.5
Laut einer Studie des Fraunhofer IAO wurde ein Vielfaches an Web- oder Videokonferenzsystemen genutzt. 62 Prozent setzen digitale Anwendungen wie Webex, Zoom, Skype oder Teams nicht nur bei Meetings und Konferenzen, sondern auch bei Einstellungsgesprächen, für Info- und Lernmaterialien (73 Prozent) oder digitale Workshops ein.4 Auf der anderen Seite konnten viele kleinere und mittlere Unternehmen sowie öffentliche Verwaltungen mit den rasanten Veränderungen kaum Schritt halten und sehen sich als Nachzügler der Digitalisierung. Viele Beschäftigte erleben das Homeoffice positiv – so fallen wesentliche Stressfaktoren weg, wie zum Beispiel laute Kollegen oder ein anstrengender Arbeitsweg.
Dazu entlastet die freiere Zeiteinteilung vor allem Familien mit Kindern und bietet allen eine gute Work-Life-Balance. Stefanie Wolter vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg sagt: „Wir sehen, dass die Vorteile ganz klar die Nachteile überwiegen. Die Beschäftigten sagen, sie können Fahrtzeit sparen durch das Homeoffice, sie können Privatsachen und Beruf besser vereinbaren. Und sie können sich bei manchen Tätigkeiten zu Hause besser konzentrieren.“ So betonen 56 Prozent der Befragten, dass sie im Homeoffice produktiver sind.6
Ein Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kämpft mit technischen Problemen und Abgrenzungsproblemen zwischen Beruflichem und Privatem. Gerade bei einer gleichzeitigen Betreuung von Kindern im Homeoffice ist das Risiko von Überforderung und Überlastung groß. Zudem fühlen mehr Mitarbeitende in der zweiten Welle eine Entfremdung vom Betrieb sowie eine zunehmende Vereinsamung.
62 Prozent vermissen ihre Kolleginnen und Kollegen. Doch grundsätzlich arbeiten 65 Prozent der Arbeitnehmenden gerne zu Hause. Sie wünschen sich, dass Homeoffice auch zukünftig eine wichtige Rolle in ihren Unternehmen und in Verwaltungen spielen wird – am besten im Wechsel mit Präsenzarbeit.7 Auch 74 Prozent der Unternehmen finden, dass das Homeoffice-Experiment geglückt ist, und möchten es gerne weiterführen. Wenn es nach den Beschäftigten geht, am liebsten an zwei Tagen in der Woche.8
Download: VBL-Geschäftsbericht 2020, PDF, 10 MB
Quellen:
1 bitkom.de, Über 10 Millionen arbeiten im Homeoffice, 2020.
2 Fraunhofer IOA, Arbeiten in der Corona-Pandemie – Auf dem Weg zum New Normal, 2020.
3 Kenjo, Homeoffice. Diese 26 Telearbeit-Statistiken sollte jeder Personaler kennen, 2020.
4 Fraunhofer IOA, Arbeiten in der Corona-Pandemie – Auf dem Weg zum New Normal, 2020.
5 statista.com, Beliebte Quarantäne-Produkte werden teurer, 2020.
6 TK-Dossier, Corona 2020 – Gesundheit, Belastungen, Möglichkeiten”, 2020.
7 DAK, Gesundheitsreport, 2020.
8 Tagesschau, Studie der Uni Konstanz, Beschäftigte wünschen sich zwei Tage Homeoffice, 2020.